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Sozialamt muss Bestattungskosten ohne Auskunft zum Nachlassvermögen erstatten

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Durch Ausschlagen des Erbes keine Verwertbarkeit des Nachlasses gegeben
Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Rechte Betroffener bestätigt, die im Rahmen einer Bestattung finanzielle Unterstützung beim Sozialamt beantragen. Im vorliegenden Fall hatten die Richter über einen Sachverhalt zu urteilen, in dem die einkommens- und vermögensarme Schwester (Klägerin) das Erbe ihres verstorbenen Bruder ausgeschlagen und einen Antrag auf Erstattung der Bestattungskosten beim Sozialhilfeträger (Beklagter) gestellt hatte. Das Gericht sprach der Klägerin die Bestattungskosten zu. Die Sozialbehörde hatte die Kostenerstattung deshalb abgelehnt, weil die Klägerin nicht bewiesen hätte, dass kein Nachlassvermögen vorhanden sei. Dieses wäre zuerst für die Bestattung einzusetzen.

Das Sozialgericht gab aber der Klägerin mit ihrer Argumentation Recht. Zwar sei grundsätzlich der Nachlass für eine Bestattung vorrangig aufzuwenden. Durch die Ausschlagung des Erbes sei die Klägerin jedoch von Anfang an nicht als Erbin zu betrachten gewesen, sodass ihr der Nachlass niemals als „bereites Mittel“ zur Verfügung gestanden habe.

Dass die Klägerin dem Beklagten gegenüber - trotz wiederholter Aufforderung - keine Angaben zum Nachlasswert gemacht habe, stehe der sozialhilferechtlichen Bedarfslage nicht entgegen. Denn sie habe ihrem glaubhaften Vortrag gemäß seit Jahren keinen persönlichen Kontakt zu ihrem Bruder mehr gehabt und deswegen weder über seine Lebensführung noch seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse Kenntnis. Infolge der Ausschlagung habe sie auch keinen Rechtsanspruch auf Auskunft über den Nachlassbestand.

Zwar habe das Sozialamt die Erbausschlagung eines Hilfebedürftigen bzw. Hilfesuchenden zu Lasten der Allgemeinheit nicht in jedem Fall hinzunehmen, doch seien Ausnahmen auf Fälle der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB beschränkt. Die Prüfung der Sittenwidrigkeit müsse dabei zurückhaltend erfolgen. U.a. seien die Werthaltigkeit der Erbschaft, die Motive des Hilfesuchenden für die Ausschlagung, sowie die Frage zu prüfen, ob er in der Absicht, sozialhilfebedürftig zu werden, mit direktem Vorsatz gehandelt habe. Insbesondere für einen direkten Vorsatz, die Sozialhilfebedürftigkeit herbeizuführen, bestünden aber angesichts der mangelnden Kenntnisse der Klägerin vom Nachlassvermögen keine Anhaltspunkte. Auch sprächen die bekannten Fakten nicht für ein tatsächlich vorhandenes, nennenswertes Vermögen.

Ein Vorgehen gegen das Land Baden-Württemberg als Erbe des verstorbenen Bruders (nach Ausschlagung aller sonst in Betracht kommenden Erben), um eine Auskunft über eventuelles Vermögen zu erhalten, sei der Klägerin ebenso wenig zumutbar, wie das Einfordern eines eventuell tatsächlich vorhandenen Vermögens von dem Bundesland. Der Sozialhilfeträger könne den entsprechenden Anspruch auf sich überleiten und im eigenen Namen geltend machen.

Unstreitig waren im Sinne des § 74 SGB XII die geltend gemachten Bestattungskosten erforderlich und die Klägerin zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet. Deshalb sprach das Sozialgericht der Klägerin die volle Kostenerstattung in Höhe von 2.610,50 € zu.

(Quelle: Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.10.2015)