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Urteil Landessozialgericht- Sterbegeldversicherung muss zweckgebunden sein

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Landessozialgericht besteht auf eindeutige Zweckbindung bei der Bestattungsvorsorge
Sozialhilfeträger muss Beiträge einer Sterbegeldversicherung nicht anrechnen

23.01.2023

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat sich im November 2022 in einem Urteil mit der Angemessenheit der Beiträge zu einer Sterbegeldversicherung auseinandergesetzt (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.11.2022, Az. L 7 SO 619/21). Dies war entscheidend für die Anrechenbarkeit der Beiträge gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII im Rahmen eines Anspruchs auf Sozialhilfe. Das Gericht stellte klar, dass für die Angemessenheit der Beiträge maßgeblich darauf abzustellen ist, ob die Erreichung des aus Mitteln der Sozialhilfe zu fördernden Zwecks auch sichergestellt ist. Hierzu ist erforderlich, dass der durch eine Sterbegeldversicherung angesparte Vermögenswert später tatsächlich für Bestattungskosten oder Grabpflege verwendet wird. Dies ist dann der Fall, wenn der Sozialhilfebedürftige die für die Bestattung vorgesehenen Mittel aus seinem übrigen Vermögen ausgeschieden und eine entsprechenden Zweckbindung verbindlich festgelegt hat.

Im vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen Rechtsstreit beantragte die 1940 geborene Klägerin im Dezember 2016 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Sie legte einen Versicherungsschein über eine Versicherung "I1 SterbeGeld" vor, welcher mit Beginn September 2015 eine Beitragszahlungsdauer von 10 Jahren und eine Versicherungssumme von 4.000,00 Euro ausweist. Bei Unfalltod sollte die doppelte Versicherungssumme gezahlt werden. Der Beitrag belief sich auf 53,68 Euro monatlich. Mit Bescheid von Januar 2018 wurden der Klägerin zwar Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bewilligt. Der Beitrag für die Sterbegeldversicherung in Höhe von monatlich 53,68 Euro wurde jedoch als nicht angemessen bewertet und wurde daher nicht vom Einkommen der Klägerin abgesetzt.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin im Februar 2018 Widerspruch ein. Anspruchsgrundlage des Begehrens auf Berücksichtigung der Sterbegeldversicherung sei, so die Klägerin, § 33 SGB XII. Bei ihr, der Klägerin, sei zu prognostizieren, dass zur Deckung der Bestattungskosten Sozialhilfe benötigt werde, wenn die Beiträge für eine Sterbegeldversicherung nicht übernommen würden. Dabei gehe es lediglich um die Hauptkosten einer Bestattung.

Mit Urteil vom 12. Januar 2021 hat das Sozialgericht (SG) Karlsruhe unter Abänderung des Bescheides entschieden, dass der Klägerin in gesetzlicher Höhe Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter leistungserhöhender Absetzung ihrer Aufwendungen für Beiträge zur Sterbegeldversicherung von monatlich 53,68 Euro zu gewähren sind. Die Klägerin könne die Absetzung der Aufwendungen für Beitrage zur Sterbeversicherung vom Einkommen verlangen, weil diese dem Grund und der Höhe nach angemessen seien (SG Karlsruhe, Urteil v. 12.01.2021, Az. S 12 SO 3577/18).

Das LSG Baden-Württemberg entschied nun in zweiter Instanz über das Urteil des SG Karlsruhe, nachdem die Behörde das Urteil des SG Karlsruhe angefochten hatte, zum Nachteil der Klägerin. Entgegen deren Auffassung sind die Beiträge zur Sterbegeldversicherung in Höhe von monatlich 53,68 Euro nicht vom Einkommen der Klägerin abzusetzen. Denn die entsprechende Versicherung der Klägerin ist schon dem Grunde nach nicht angemessen. Es besteht grundsätzlich keine Angemessenheit dem Grunde nach für Beiträge für eine Lebensversicherung, die der Kapitalbildung dient, unabhängig davon, ob sie auf den Erlebens- oder Todesfall abgeschlossen ist, denn es kann nicht Aufgabe der Sozialhilfe sein, eine Kapitalansammlung zu finanzieren; so das Gericht. Entsprechend ist eine Sterbegeldversicherung nicht angemessen, wenn noch keine Wahrscheinlichkeit besteht, dass für den gleichen Zweck ein sozialhilferechtlicher Bedarf entstehen wird oder wenn über die Beerdigungskosten hinaus weitere Leistungen bezogen werden sollen. Bei einer Sterbegeldversicherung ist zudem zu berücksichtigen, dass es letztlich nicht um die Abdeckung eines eigenen Risikos des Sozialhilfeempfängers geht, sondern die Versicherung indirekt der Kapitalbildung für die zur Tragung der Bestattungskosten verpflichteten Erben dient. Vielmehr ist für eine Angemessenheit einer Versicherung als Sterbegeldversicherung dem Grunde nach maßgeblich darauf abzustellen, ob die Erreichung des aus Mitteln der Sozialhilfe zu fördernden Zwecks auch sichergestellt ist.

Bei der Sterbegeldversicherung der Klägerin war die erforderliche Zweckbindung nicht feststellbar. Die Klägerin hatte hinsichtlich der Versicherung keine Disposition derart getroffen, dass ihr das ersparte Vermögen anderweitig nicht mehr zur Verfügung steht. Denn der Klägerin blieb nicht nur die Möglichkeit, die Versicherung jederzeit zum Rückkaufswert aufzulösen und das Kapital anderweitig zu verwenden. Vielmehr war auch für die Zeit nach dem Tode der Klägerin durch die gewählte Vertragsgestaltung nicht sichergestellt, dass die ausgezahlte Versicherungsleistung für Bestattungskosten oder für die Grabpflege verwendet würde. Die Klägerin hatte für den Fall ihres Todes ihre Tochter als Bezugsberechtigte bestimmt, ohne dass dieser auferlegt worden ist, mit diesem Kapital die Bestattungskosten der Klägerin zu bestreiten. Hinzu kommt, dass mit der Versicherung für den Fall eines Unfalltodes die doppelte Versicherungssumme (8.000,00 Euro) vereinbart war. Damit war die Versicherung nicht auf die reine Absicherung der Bestattungskosten beschränkt.

Nachdem die Sterbegeldversicherung der Klägerin keine angemessene Versicherung im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII darstellte, waren die Beiträge in Höhe von 53,68 Euro im Hinblick auf die beantragte Sozialhilfe nicht vom Einkommen der Klägerin abzusetzen.

Aeternitas-Hinweis:

Nur wenn der Sozialhilfebedürftige die für die Bestattung vorgesehenen Mittel aus seinem übrigen Vermögen ausgeschieden und mit einer entsprechenden Zweckbindung verbindlich festgelegt hat, stellt der Einsatz dieser Mittel für den Lebensunterhalt für ihn eine unzumutbare Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar (vgl. BGH, Beschluss vom 30.04.2014, Az. XII ZB 632/13; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.06.2022, Az. L 2 SO 126/20) und ist eine Förderung durch Übernahme der Beiträge als Bedarf oder deren Absetzung vom Einkommen gerechtfertigt.

Quelle: Verbraucherinitiative Aeternitas, LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.11.2022, Az. L 7 SO 619/21