Bestattungsvorsorge in angemessener Höhe muss verschont bleiben; Sozialgericht gibt Kläger Recht
Mit Urteil vom 07.06.2022 hat das Sozialgericht Heilbronn (SG) einen beklagten Sozialhilfeträger verpflichtet, dem Kläger weitere Leistungen der Hilfe zur Pflege zu gewähren.
Der Kläger ist pflegebedürftig und lebt seit Anfang 2020 in einer Einrichtung, in der er vollstationär gepflegt wird. Er hatte einen Bestattungsvorsorgevertrag mit einem Guthaben von 10.013,01 Euro abgeschlossen. Im Februar 2020 stellte er bei dem Sozialamt einen Antrag auf Hilfszahlungen zur Pflege. Zu diesem Zeitpunkt verfügte er über ein Kontoguthaben von 3.665,05 Euro
Dieses bewilligte die Gelder teilweise und sah einen Teilbetrag der Bestattungsvorsorge in Höhe von 1.940,43 Euro als verwertbares Vermögen an. Der Kläger machte mit einem Widerspruch geltend, dass die Vorsorge im gesamten Umfang zu verschonen sei. Dem widersprach das beklagte Sozialamt mit Widerspruchsbescheid und blieb bei seiner Berechnung.
Nach Klageerhebung schloss sich das Gericht zumindest teilweise der Ansicht des Klägers an. Grundsätzlich seien auch Beträge aus einer Bestattungsvorsorge verwertbares Vermögen, wenn durch eine Kündigung des Vertrages Rückzahlungsansprüche entstehen. Das verwertbare Vermögen müsse nach § 90 Abs. 1 SGB XII eingesetzt werden. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Einsetzung eine unbillige Härte darstelle.
Die Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge bestimme sich anhand der geplanten Leistungen und der ortsüblichen Preise für eine Bestattung. Dabei sei zunächst auf die Kosten abzustellen, die die örtlich zuständige Behörde als erforderliche Kosten der Bestattung nach § 74 SGB XII übernimmt. Hinsichtlich der Art der Bestattung sei wichtig, stets die Entscheidung der vorsorgenden Person zu berücksichtigen. Anschließend sei der entstandene Kostenbetrag unter Berücksichtigung etwaiger Gestaltungswünsche bis zur Grenze der Angemessenheit zu erhöhen. Hierfür können die Kosten einer durchschnittlichen Bestattung herangezogen werden.
Im vorliegenden Fall hat das Gericht Kosten für die Grabpflege für 20 Jahre in Höhe von 3.000,- Euro und für den Grabstein in Höhe von 2.500,- Euro für angemessen erachtet. Darüber hinaus seien unter anderem die Kosten für den Sarg (1.146,- Euro) samt Innenausstattung (52,40 Euro) und Deckengarnitur (164,23 Euro) sowie 1.410,17 Euro für Friedhofsgebühren durchschnittlich und ortsüblich. Für zu teuer hielt das Gericht hingegen unter anderem eine geplante Todesanzeige zum Preis von 951,05 Euro (und nahm eine günstigere Alternative zum Preis von 126,74 Euro als Maßstab), weshalb nicht die gesamte Summe aus dem Bestattungsvorsorgevertrag anerkannt werde. Weitere Einzelpositionen hat das Gericht im Urteil nicht dargestellt. Im Gesamten erachtet es aber eine Summe von ca. 8.700,- Euro bis 9.100,- Euro für die Bestattungsvorsorge als angemessen. Im Ergebnis verfügte der Kläger laut Gericht damit über kein den Freibetrag übersteigendes, einzusetzendes Vermögen, da die Differenz zum hinterlegten Vorgebetrag (10.013,01 Euro) auf das allgemeine Schonvermögen in Höhe von 5.000 Euro angerechnet wird und diese Grenze auch mit dem Kontoguthaben nicht überschritten wurde.
Das Urteil des SG Heilbronn verdeutlicht, dass die Berechnungen der Sozialämter genau zu überprüfen sind. Im Rahmen einer Bestattungsvorsorge empfiehlt es sich, im durchschnittlichen Rahmen auch besondere Wünsche der vorsorgenden Person zu berücksichtigen.
(Quelle: Verbraucherinitiative Aeternitas, Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.06.2022, Az.: S 2 SO 236/21)