Urteil BSG: Im Rahmen der Kostenübernahme ist Einzelfallprüfung erforderlich
Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.08.2011
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts in Kassel hat am 25. August 2011 entschieden, dass erforderliche Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger nicht nach Maßgabe pauschal ermittelter Vergütungssätze zu übernehmen sind.
Die Klägerin, die Arbeitslosengeld II bezog, machte vom Sozialhilfeträger Bestattungskosten geltend, die ihr anlässlich des Todes ihres Ehemannes entstanden sind; dabei hat der Sozialhilfeträger die Rechnung des Bestattungsunternehmens um über 950 Euro insgesamt gekürzt.
Das Landessozialgericht hat die Klage auf Zahlung dieses Betrages wie auch zuvor bereits das Verwaltungsgericht Koblenz abgelehnt, weil mit den vom Beklagten gewährten Mitteln eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende, würdige, aber einfache Bestattung durchführbar sei und die vom Beklagten hierzu entwickelten Vergütungssätze nachvollziehbar und plausibel seien. Die über die Vergütungssätze des Beklagten hinausgehenden Kosten seien nicht erforderlich im Sinne des Gesetzes (§ 74 SGB XII).
Dieser Argumentation ist das BSG nicht gefolgt und hat entschieden, dass erforderliche Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger nicht nach Maßgabe pauschal ermittelter Vergütungssätze zu übernehmen sind, sondern dass die Angemessenheit der einzelnen geltend gemachten Kosten sowie des Gesamtpakets zu ermitteln sind. Die Sache wurde jedoch mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen dazu, aber auch zur Frage der Zumutbarkeit der Kostentragung durch die Klägerin, an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des BSG sind die Erforderlichkeit der Einzelleistungen des Bestattungsunternehmers und die Höhe der dafür im Einzelnen angesetzten Kosten sowie eine Gesamtbetrachtung der Summe auf den örtlichen Verhältnissen entsprechende Angemessenheit zu überprüfen. Dabei sei insbesondere zu beachten, dass erstattungspflichtige Privatpersonen in der Regel vertragsmäßig ungünstigeren Konditionen unterlägen als die Sozialhilfeträger und dem Bestattungspflichtigen, der sich ohnedies in einer besondern Belastungssituation befinde, bis zur Beerdigung regelmäßig nicht die Zeit bleiben dürfte, unterschiedliche Angebote bei Bestattungsunternehmern einzuholen, um das billigste auszuwählen. Gerade deshalb seien sie in besonderer Weise auf Beratung durch den Sozialhilfeträger angewiesen, soweit sie bei diesem wegen der Höhe der angemessenen Kosten nachfragten. Fehlinformationen des Sozialhilfeträgers bzw. eine Weigerung, sich zur Höhe der angemessenen Kosten zu äußern, könne deshalb im Einzelfall dazu führen, dass auch objektiv unangemessene Kosten subjektiv erforderlich seien, wenn die tatsächlichen Kosten zu den angemessenen Kosten nicht in einem derart auffälligen Missverhältnis stünden, dass dies dem Bestattungspflichtigen ohne weiteres hätte auffallen müssen. Zudem werde das LSG zu ermitteln haben, ob die Klägerin bedürftig war bzw. trotz Bedürftigkeit über Einkommen oder Vermögen verfügte (etwa Sterbegeldversicherung oder Erbschaft des Verstorbenen), das zumutbar für die Beerdigung hätte verwandt werden können.
Urteil vom 25.08.2011, B 8 SO 20/10 R
(Quelle: Pressemitteilung des Bundessozialgericht v. 25.08.2011)